Rückstellungen: Unterschied zwischen den Versionen
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Rückstellungen werden in der Bilanz in die Verbindlichkeiten mit eingebucht. | Rückstellungen werden in der Bilanz in die Verbindlichkeiten mit eingebucht. | ||
'''Unter IFRS''' ist eine Rückstellung ist dann zu erfassen 3 Punkte erfüllt sind: | |||
# Es besteht eine '''gegenwertige Verpflichtung (Vertrag, Klage, Gesetzt, etc.)''' | # Es besteht eine '''gegenwertige Verpflichtung (Vertrag, Klage, Gesetzt, etc.)''' | ||
# Es ist '''wahrscheinlich, dass es zu einem Abfluss von Ressourcen''' kommt ('''Gesichert''' aufgrund von Vorschriften '''oder Chance >= 50%''') | # Es ist '''wahrscheinlich, dass es zu einem Abfluss von Ressourcen''' kommt ('''Gesichert''' aufgrund von Vorschriften '''oder Chance >= 50%''') | ||
# Der '''abfließende Betrag ist verlässlich messbar''' (vertraglich geregelt oder gut prognostiziert - je nach Aufgabe) | # Der '''abfließende Betrag ist verlässlich messbar''' (vertraglich geregelt oder gut prognostiziert - je nach Aufgabe) | ||
Ergänzende Beispiele - in denen Rückstellungen zu bilden sind - sind z. B. belastende Verträge oder anstehende Restrukturierungen. | |||
Wenn '''nicht alle 3 Kriterien erfüllt''' sind -> '''Keine Rückstellung | Wenn '''nicht alle 3 Kriterien erfüllt''' sind -> '''Keine Rückstellung''' | ||
''' | '''Unter HGB''' gibt es nur 4 Fälle, in denen man eine Rückstellung bilden kann: | ||
# | # Drohende Verluste und evtl. Verbindlichkeiten aus gerade laufenden Geschäften ('''vgl. Wertminderung unter IFRS''') | ||
# Gewährleistungen ohne Verpflichtung (z. B. Retouren, '''vgl. Verbindlichkeitsbuchung unter IFRS''') | |||
# Nachholung von Wartungen oder der Beseitigung von Altlasten | |||
== ''' | == '''Verbuchung''' == | ||
Rückstellungen werden folgendermaßen gebildet: | |||
'''Sonstiger betr. Aufwand an Rückstellungen''' | |||
Unter IFRS wird immer der diskontierte Erfüllungswert (die abgezinsten, geschätzten Gesamtkosten) eingebucht. | |||
'''<u>Achtung:</u>''' Im Fall von Rückstellungen wird '''umgekehrt abgezinst''' (also von groß nach klein). | |||
===== '''Beispiel - Anfang''' ===== | |||
In 10 Jahren wird eine Zahlung in Höhe von 1 Mio. € fällig, bei einem angenommenen Zinssatz von 3%. | |||
'''Schritt 1: Abzinsen''' | |||
<math>\frac{1.000.000}{1,03^{10}}=744.094</math> | |||
'''Schritt 2: Einbuchen''' | |||
Sonstiger betr. Aufwand an Rückstellungen 744.094 | |||
===== '''Beispiel - Erweitert''' ===== | |||
Nach einem Jahr wird geschätzt, dass die Zahlung eher 1,1 Mio. € betragen wird, der Zinssatz bleibt gleich. | |||
Wäre die geschätzte Summe konstant geblieben wäre das Ganze relativ einfach: | |||
<math>\frac{1.000.000}{1,03^{9}}-\frac{1.000.000}{1,03^{10}}=22.323</math> | |||
'''Zinsaufwand an Rückstellungen 22.323''' (da wir hier diskontieren gilt das Ganze als Zinsaufwand) | |||
Da die geschätzte Summe aber gestiegen ist muss eine Anpassung der Rückstellungsposition vorgenommen werden. | |||
'''Schritt 3: Anpassung abzinsen''' | |||
<math>\frac{1.100.000}{1,03^{9}}=843.058</math> | |||
<math>843.058-744.094= 98.964</math> | |||
Jetzt gilt aber das Gleiche wie eben in dem hypothetischen Szenario: Ein Teil der Steigerung der Rückstellungsposition fällt unter Zinsaufwand. Diesen Teil kann man wie gerade eben berechnen oder man multipliziert die bestehende Rückstellungsposition mit dem Zinssatz: | |||
<math>744.094*0,03=22.323</math> | |||
Das jetzt noch von der eigentlichen Anpassung abziehen und schon kann man die Anpassung verbuchen: | |||
<math>98.964 - 22.323=76.642</math> | |||
'''Sonstiger betr. Aufwand 76.642, Zinsaufwand 22.323 an Rückstellungen 98.964''' | |||
===== '''Auflösung von Rückstellungen''' ===== | |||
Soll die Rückstellung erfüllt werden wird sie entsprechend ihrer Höhe wieder ausgebucht. Da jetzt Kapital abfließt verringert sich der Geldbestand: | |||
== ''' | '''Rückstellungen an Bank''' | ||
Allerdings wird der zu zahlende Betrag nur selten richtig geschätzt. Sind beispielsweise 1 Mio. € zurückgestellt, es müssen aber jetzt 1,2 Mio. € gezahlt werden gilt die Differenz als Verlust: | |||
'''Rückstellungen 1.000.000, Sonstiger betr. Aufwand 200.000 an Bank 1.200.000''' | |||
Fällt der geschätzte Betrag hingegen zu hoch aus - wenn bspw. nur 800.000€ gezahlt werden müssen - zählt die Differenz als sonstiger Ertrag: | |||
'''Rückstellungen 1.000.000 an Bank 800.000, Sonstiger betr. Ertrag 200.000''' | |||
===== '''Sonderfälle''' ===== | |||
Wenn es '''verschiedene mögliche Kosten''' gibt (z. B. Kosten durch ein Gerichtsverfahren, bei dem die Versicherung einen Teil der Kosten deckt) besteht '''unter IFRS ein Wahlrecht''': Bucht man die gesamten Kosten als Rückstellung ein (Bruttoausweis) oder nur den Teil, der von der Versicherung '''nicht''' übernommen wird (Nettoausweis)? | |||
'''Beispiel:''' Die erwarteten (in Kürze fälligen) Kosten betragen 30.000€. Die Versicherung deckt 80% dieser Kosten ab. | |||
'''Bruttoausweis''' | |||
<math>30.000*0,8=24.000</math> | |||
Sonstiger betr. Aufwand 6000, ARAP 24.000 an Rückstellungen 30.000 | |||
Bei der Gutschrift der Versicherungssumme wird der ARAP ausgebucht: | |||
Bank an ARAP 24.000 | |||
'''Nettoausweis''' | |||
Sonstiger betr. Aufwand an Rückstellungen 6000 | |||
Unter HGB muss immer der Gesamtwert zurückgestellt werden. | |||
==== '''Belastende Verträge''' ==== | |||
'''Vertrag, aus dem man ohne Verlust nicht herauskommt''' (Entweder durch Verkauf/Lieferung mit Verlust oder Vertragskündigung mit Strafzahlung). In so einem Fall bildet man unter IFRS eine '''Rückstellung über die Höhe der billigeren Option''' (Erfüllung oder Exit). | |||
==== '''Restrukturierungen''' ==== | |||
Rückstellung ist dann zu bilden, wenn ein detaillierter Plan vorliegt, ein fest definierter Zeitpunkt für die Umsetzung feststeht und das Ganze definitiv passieren wird (z. B. mit der Zustimmung durch den GF). | |||
== '''Zuordnung zu Vermögenswerten''' == | |||
Steht eine Rückstellung in einer spezifischen Beziehung zu einem anderen Vermögenswert kann sie diesem zugeordnet werden. | |||
'''<u>Beispiel:</u>''' | |||
''Ein Unternehmen hat eine Lagerhalle für 250.000€ gekauft und ist nach 10 Jahren verpflichtet diese abzureißen und Umweltschäden zu beseitigen. Die Kosten hierfür werden auf 1.000.000€ geschätzt. Der Diskontzinssatz beträgt 7%.'' | |||
'''Schritt 1:''' | |||
Rückstellung abzinsen | |||
'''Schritt 2: Verbuchen''' | |||
Sachanlage an Rückstellung, Bank | |||
'''Schritt 3: ggf. Abschreiben und Abzinsen''' | |||
Abschreibungen an Sachanlage | |||
Zinsaufwand an Rückstellung | |||
Aktuelle Version vom 24. Januar 2025, 17:35 Uhr
Wie sind Rückstellungen zu erfassen?
Grundsätzliches
Rückstellungen werden in der Bilanz in die Verbindlichkeiten mit eingebucht.
Unter IFRS ist eine Rückstellung ist dann zu erfassen 3 Punkte erfüllt sind:
- Es besteht eine gegenwertige Verpflichtung (Vertrag, Klage, Gesetzt, etc.)
- Es ist wahrscheinlich, dass es zu einem Abfluss von Ressourcen kommt (Gesichert aufgrund von Vorschriften oder Chance >= 50%)
- Der abfließende Betrag ist verlässlich messbar (vertraglich geregelt oder gut prognostiziert - je nach Aufgabe)
Ergänzende Beispiele - in denen Rückstellungen zu bilden sind - sind z. B. belastende Verträge oder anstehende Restrukturierungen.
Wenn nicht alle 3 Kriterien erfüllt sind -> Keine Rückstellung
Unter HGB gibt es nur 4 Fälle, in denen man eine Rückstellung bilden kann:
- Drohende Verluste und evtl. Verbindlichkeiten aus gerade laufenden Geschäften (vgl. Wertminderung unter IFRS)
- Gewährleistungen ohne Verpflichtung (z. B. Retouren, vgl. Verbindlichkeitsbuchung unter IFRS)
- Nachholung von Wartungen oder der Beseitigung von Altlasten
Verbuchung
Rückstellungen werden folgendermaßen gebildet:
Sonstiger betr. Aufwand an Rückstellungen
Unter IFRS wird immer der diskontierte Erfüllungswert (die abgezinsten, geschätzten Gesamtkosten) eingebucht.
Achtung: Im Fall von Rückstellungen wird umgekehrt abgezinst (also von groß nach klein).
Beispiel - Anfang
In 10 Jahren wird eine Zahlung in Höhe von 1 Mio. € fällig, bei einem angenommenen Zinssatz von 3%.
Schritt 1: Abzinsen
Schritt 2: Einbuchen
Sonstiger betr. Aufwand an Rückstellungen 744.094
Beispiel - Erweitert
Nach einem Jahr wird geschätzt, dass die Zahlung eher 1,1 Mio. € betragen wird, der Zinssatz bleibt gleich.
Wäre die geschätzte Summe konstant geblieben wäre das Ganze relativ einfach:
Zinsaufwand an Rückstellungen 22.323 (da wir hier diskontieren gilt das Ganze als Zinsaufwand)
Da die geschätzte Summe aber gestiegen ist muss eine Anpassung der Rückstellungsposition vorgenommen werden.
Schritt 3: Anpassung abzinsen
Jetzt gilt aber das Gleiche wie eben in dem hypothetischen Szenario: Ein Teil der Steigerung der Rückstellungsposition fällt unter Zinsaufwand. Diesen Teil kann man wie gerade eben berechnen oder man multipliziert die bestehende Rückstellungsposition mit dem Zinssatz:
Das jetzt noch von der eigentlichen Anpassung abziehen und schon kann man die Anpassung verbuchen:
Sonstiger betr. Aufwand 76.642, Zinsaufwand 22.323 an Rückstellungen 98.964
Auflösung von Rückstellungen
Soll die Rückstellung erfüllt werden wird sie entsprechend ihrer Höhe wieder ausgebucht. Da jetzt Kapital abfließt verringert sich der Geldbestand:
Rückstellungen an Bank
Allerdings wird der zu zahlende Betrag nur selten richtig geschätzt. Sind beispielsweise 1 Mio. € zurückgestellt, es müssen aber jetzt 1,2 Mio. € gezahlt werden gilt die Differenz als Verlust:
Rückstellungen 1.000.000, Sonstiger betr. Aufwand 200.000 an Bank 1.200.000
Fällt der geschätzte Betrag hingegen zu hoch aus - wenn bspw. nur 800.000€ gezahlt werden müssen - zählt die Differenz als sonstiger Ertrag:
Rückstellungen 1.000.000 an Bank 800.000, Sonstiger betr. Ertrag 200.000
Sonderfälle
Wenn es verschiedene mögliche Kosten gibt (z. B. Kosten durch ein Gerichtsverfahren, bei dem die Versicherung einen Teil der Kosten deckt) besteht unter IFRS ein Wahlrecht: Bucht man die gesamten Kosten als Rückstellung ein (Bruttoausweis) oder nur den Teil, der von der Versicherung nicht übernommen wird (Nettoausweis)?
Beispiel: Die erwarteten (in Kürze fälligen) Kosten betragen 30.000€. Die Versicherung deckt 80% dieser Kosten ab.
Bruttoausweis
Sonstiger betr. Aufwand 6000, ARAP 24.000 an Rückstellungen 30.000
Bei der Gutschrift der Versicherungssumme wird der ARAP ausgebucht:
Bank an ARAP 24.000
Nettoausweis
Sonstiger betr. Aufwand an Rückstellungen 6000
Unter HGB muss immer der Gesamtwert zurückgestellt werden.
Belastende Verträge
Vertrag, aus dem man ohne Verlust nicht herauskommt (Entweder durch Verkauf/Lieferung mit Verlust oder Vertragskündigung mit Strafzahlung). In so einem Fall bildet man unter IFRS eine Rückstellung über die Höhe der billigeren Option (Erfüllung oder Exit).
Restrukturierungen
Rückstellung ist dann zu bilden, wenn ein detaillierter Plan vorliegt, ein fest definierter Zeitpunkt für die Umsetzung feststeht und das Ganze definitiv passieren wird (z. B. mit der Zustimmung durch den GF).
Zuordnung zu Vermögenswerten
Steht eine Rückstellung in einer spezifischen Beziehung zu einem anderen Vermögenswert kann sie diesem zugeordnet werden.
Beispiel:
Ein Unternehmen hat eine Lagerhalle für 250.000€ gekauft und ist nach 10 Jahren verpflichtet diese abzureißen und Umweltschäden zu beseitigen. Die Kosten hierfür werden auf 1.000.000€ geschätzt. Der Diskontzinssatz beträgt 7%.
Schritt 1:
Rückstellung abzinsen
Schritt 2: Verbuchen
Sachanlage an Rückstellung, Bank
Schritt 3: ggf. Abschreiben und Abzinsen
Abschreibungen an Sachanlage
Zinsaufwand an Rückstellung