Kapitalwert
Was ist Geld eigentlich Wert?
Theorie
Net Present Value
Nehmen wir mal an, das wir heute 3.700.000 Euro in eine Immobilie investieren können und diese in einem Jahr für 4.200.000 Euro verkaufen können. Das wären 500.000 Euro Profit. Klingt doch gut, oder?
Einen kleinen Moment noch: Eine solche Investition birgt immer Risiken. Es könnte ein Erdbeben geben, die Arbeiter könnten in den Streik treten oder es gibt das Unwetter des Jahrhunderts und die Baustelle säuft ab. Wäre eine Investition in etwas Risikoloses - z.B. eine US-Staatsanleihe (a.k.a. treasury bond) - nicht genau so gut?
Nehmen wir mal an mit einer solchen Staatsanleihe bekämen wir für 1 Jahr 5% Zinsen. Wenn wir unsere erwarteten 4.200.000 Euro Profit mit 5% abzinsen ergibt das:
Wir müssten für die 4.200.000 Euro in einem Jahr also heute 4.000.000 Euro hinlegen. Nicht so gut wie unsere Immobilien-Investition, für die wir heute nur 3.700.000 Euro blechen müssten.
NPV=KW= 4,0 Mio. € - 3,7 Mio. € = 300.000€
Diese Rechnung nennt sich Kapitalwert (KW) oder auch Net Present Value (NPV). Wir rechnen also aus, was wir für unseren Ziel-Profit mit einem bestimmten Invest heute hinlegen müssten und ziehen die benötigte Investition für das Projekt, das wir eigentlich durchführe wollen davon ab.
Ist das Ergebnis positiv: Projekt durchführen.
Ist es negativ: Projekt sein lassen.
Aber Moment mal kurz: Da unser Immobilien-Projekt ja wie schon erwähnt viel riskanter ist als der treasury bond muss es dann doch auch mehr Rendite als Dieser abwerfen, oder? Wir können ja schlecht Äpfel mit Birnen vergleichen.
Also gut: Nehmen wir mal an eine Rendite von 12% wäre bei der Immobilie angesichts all der Risiken angemessen. Zinsen wir das Ganze doch nochmal ab:
Wir sehen: Auch wenn das Immobilien-Projekt 12% abwerfen soll ist der NPV noch positiv. Das Projekt sollte also immer noch durchgeführt werden.
Cashflows
Was wäre nun, wenn wir keine Immobilie kaufen sondern z.B. in unserer Werkzeugfabrik eine weitere Maschine für die Produktion von Schrauben anschaffen wollen? Hier bekommen wir unseren Return ja nicht auf einmal sondern über mehrere Jahre hinweg verteilt.
Wenn wir also annehmen, dass uns die Maschine 3 Mio. EUR kostet und uns während der nächsten 4 Jahre jeweils 1 Mio. pro Jahr einbringt (keinen Plan, wie lange so eine Maschine hält), wie würde dann unsere Rechnung aussehen? Unterstellen wir mal wieder einen Zinssatz von 5%.
Mal schauen:
Die Investition lohnt sich also. Aber was wenn noch etwas dazu kommt?
Steuern
"Nur zwei Dinge auf Erden sind uns ganz sicher: der Tod und die Steuer." - Benjamin Franklin
Der gute Ben Franklin hatte mal wieder recht: Wo auch immer Geld verdient wird ist das Finanzamt nicht weit weg.
Das Gute ist, das wir gewinnunabhängige Steuern (Umsatzsteuer, Grundsteuer, etc. pp.) an dieser Stelle nicht berücksichtigen müssen und uns ganz auf die gewinnabhängigen Steuern (Einkommens- und Körperschaftssteuer) konzentrieren können.
Das Gute an der ganzen Geschichte ist aber: Zinsen auf Fremdkapital (nur auf Fremdkapital!) sind steuerlich absetzbar! Wir können also unseren Fremdkapitalzinssatz entsprechend anpassen:
Wobei:
r = Kapitalkosten
rs = Kapitalkosten nach Steuern
s = Steuersatz
Aufgabe 3.1.1
Machen wir doch mal eine kleine Aufgabe dazu:
"Gegeben ist eine Investition, die die folgenden Zahlungsströme auslöst:
| Zeitpunkt t | 0 | 1 | 2 | 3 | 4 |
|---|---|---|---|---|---|
| Zahlung | -1000 | 1000 | 800 | 600 | 400 |
a) Bestimmen Sie die Vorteilhaftigkeit der Investition, für den Fall, dass keine Steuerzahlung anfällt. Berechnen Sie hierfür den Kapitalwert (Net Present Value) der Investition. Unterstellen Sie eine reine Fremdkapitalfinanzierung zu 10%.
b) Bestimmen Sie die Vorteilhaftigkeit der Investition, für den Fall, dass eine Besteuerung der Gewinne mit einem Steuersatz von 40 % anfällt. Die Abschreibungsdauer beträgt 4 Jahre (linearer Verlauf). Unterstellen Sie eine reine Fremdkapitalfinanzierung zu 10%. Welchen Kapitalwert weist diese Investition auf?"
Teil a) ist ja an sich recht simpel: Einfach unsere mittlerweile hinlänglich bekannte NPV-Rechnung durchführen:
Der NPV ist positiv, die Investition sollte also durchgeführt werden.
Teil b) ist da schon etwas ausführlicher: Jetzt sollen wir Sachen abschreiben und Steuern zahlen (würg). Am Besten macht man sich dafür noch eine Tabelle:
| Zeitpunkt t | 0 | 1 | 2 | 3 | 4 |
|---|---|---|---|---|---|
| Zahlung vor Steuern | -1000 | 1000 | 800 | 600 | 400 |
| Abschreibung | 250 | 250 | 250 | 250 | |
| Zahlung vor Steuern | 750 | 550 | 350 | 150 |
Durchgeführte Rechnungen:
Abschreibung linear 4 Jahre: Anschaffungskosten (1000) / 4 = 250
Abschreibungen kommen immer vor den Steuern!
Zahlung vor Steuern: Zahlung vor Steuern - 250
Jetzt kommen die Steuerzahlungen:
| Zeitpunkt t | 0 | 1 | 2 | 3 | 4 |
|---|---|---|---|---|---|
| Zahlung vor Steuern | -1000 | 1000 | 800 | 600 | 400 |
| Abschreibung | 250 | 250 | 250 | 250 | |
| Zahlung vor Steuern | 750 | 550 | 350 | 150 | |
| Steuerzahlung | 300 | 220 | 140 | 60 | |
| Zahlung nach Steuern | -1000 | 700 | 580 | 460 | 340 |
Durchgeführte Rechnungen:
Steuerzahlung: Zahlung vor Steuern * 04
Zahlung nach Steuern: Zahlung vor Steuern - Steuerzahlung
Eigentlich sind die Abschreibungen und die Zahlungen vor Steuern unwichtig, wir brauchen sie nur um die Zahlungen nach Steuern zu bestimmen.
Denn mit diesen können wir jetzt unsere NPV-Rechnung durchführen. Eine Kleinigkeit bleibt aber noch: Wir müssen unseren Zinssatz steuerlich bereinigen - denn wir arbeiten hier ja nur mit Fremdkapital und dessen Zinsen sind bekanntlich steuerlich absetzbar:
Jetzt können wir den Kapitalwert berechnen:
Und auch unter diesen Bedingungen ist der Kapitalwert noch positiv.